Pflanze KlimaKultur!
Im Citizen-Science-Verbundprojekt „Pflanze KlimaKultur!“ möchten Wissenschaftler*innen des Botanischen Gartens Berlin (Freie Universität Berlin) und des Deutschen Zentrums für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig gemeinsam mit Teams der Universitäten Jena, Halle und Leipzig sowie Bürger*innen dieser vier Städte den Einfluss des Klimawandels auf die Wachstumsphasen von Pflanzen erforschen.
Wann treiben sie aus, wann entfalten sich die Blätter, wann blühen sie, wann reifen die Früchte, wann lassen sie ihre Blätter fallen? Pflanzen sind besonders sensible Indikatoren für Klimaveränderungen. Sie spiegeln schnell mögliche ökologische Auswirkungen des Klimawandels. Das Eintrittsdatum in bestimmte Phasen der saisonalen Lebenszyklen von Pflanzen (Phänologie) wird maßgeblich von der Temperatur beeinflusst. Klimaveränderungen lassen sich somit gut an Veränderungen der zeitlichen Entwicklungsstadien von Pflanzen ablesen. Vor allem die Temperaturerhöhung führt zu einer verfrühten Laubentfaltung, Blüte und Fruchtbildung. In Deutschland hat sich die Vegetationsperiode wichtiger Laubbäume zwischen 1951 und 2000 um bis zu 2,3 Tage pro Dekade verlängert.
Urbane Lebensräume sind längst „hot spots“ der Biodiversität und des Klimawandels geworden. Temperatur- und Niederschlagsextreme wirken sich in der Stadt stärker aus als auf dem Land. Ihr ausgeprägter Temperaturgradient macht sie zum idealen Ort, um die Folgen des Klimawandels zu erforschen.

Bild: Wayne Schmitt
Im Projekt gehen die Wissenschaftler*innen der Frage auf den Grund, in wie weit die Phänologie zehn ausgewählter krautiger Pflanzenarten (vorwiegend Stauden) das Stadtklima tatsächlich widerspiegelt. Im Vergleich zu Gehölzen ist über deren Phänologie weit weniger bekannt, obwohl sie in vielen Lebensräumen dominieren. Zu diesem Zweck sollen möglichst gleichmäßig über die Stadt verteilt „Klimabeete“ angelegt werden. Blühen die Pflanzen im warmen Stadtzentrum früher als jene in den Außenbezirken? Sind solche Unterschiede bei allen Arten und Lebensphasen gleich? Wie helfen die Ergebnisse, die Stadtbegrünung zukünftig klimaresilienter, nachhaltiger und lebenswerter zu gestalten?
„Pflanze KlimaKultur!“ bietet den Bürger*innen vielfältige Möglichkeiten sich aktiv einzubringen. Im Kern richtet sich das Projekt an Menschen in der Stadt und im Umland von Berlin, Halle, Jena und Leipzig, die in einer Ecke ihres Gartens zehn krautige Pflanzenarten kultivieren und zwei Jahre lang phänologisch beobachten wollen. Die Daten können über eine Smartphone-App oder ganz klassisch auf Papier mit Hilfe von Beobachtungsbögen erfasst werden. Die Pflanzenpakete bekommen die Teilnehmer*innen voraussichtlich im März 2022 im Rahmen von Eröffnungsveranstaltungen und Schulungen an den vier Standorten. Menschen ohne eigenen Garten können auf Modellbeeten aktiv werden, z. B. im Schlosspark Charlottenburg oder auf dem Campus der Freien Universität. Auch Schulgärten sollen beim Anlegen eines „Klimabeetes“ unterstützt werden.
Außerdem können die Teilnehmer*innen in Bürgerdialogen und Foren mit den Forscher*innen über Möglichkeiten der klimaangepassten Bepflanzung städtischer Grünflächen diskutieren – im Kontext wichtiger aktueller Themen wie Artenvielfalt, Biodiversitätskrise und Klimawandel sowie „grüne“ Bildung. Die Vernetzung von Menschen und Organisationen als Grundlage kollektiven Handelns kann viel für eine klimaresiliente, biodiversitätsfreundliche und lebenswerte Stadt leisten. Gemeinsam mit lokalen Akteur*innen soll im Projekt nach naturnahen Lösungsansätzen gesucht werden, die die heimische Stadtnatur fit für den Klimawandel machen.
Interessent*innen können sich schon im Winter 2021/22 melden unter pflanzeklimakultur@bo.berlin.
Das Projekt hat eine Laufzeit von Juli 2021 bis Februar 2024 und wird im Rahmen des Förderbereichs Bürgerforschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es gehört zu 15 Projekten, die bis Ende 2024 die Zusammenarbeit von Bürger*innen und Wissenschaftler*innen inhaltlich und methodisch voranbringen und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben sollen.