Gülcan Nitsch
Geschäftsführende Gesellschafterin, Yeşil Çember – ökologisch, interkulturell gGmbH
Mit Yeşil Çember haben Sie ein interkulturell-ökologisches Netzwerk für Umweltthemen und nachhaltige Lebensstile in der türkischen Kultur geschaffen. Wie wichtig ist die interkulturelle, gesellschaftliche Zusammenarbeit beim Schutz von Klima und Natur?
Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle Menschen betreffen – egal, welche Sprache sie sprechen. Alle Menschen tragen Verantwortung und können zum Klima- und Naturschutz beitragen. Es sollte für alle deutsche Umweltakteur*innen selbstverständlich sein, dass auch die migrantische Akteur*innen angesprochen und als Partner*innen gewonnen werden. Nur so können wir die große Herausforderung Klimawandel erfolgreich bewältigen.
Yeşil Çembers Ansatz ist denkbar einfach: Bereits bekannte Themen neu denken und mit interkulturellen Partnerschaften verknüpfen. Dazu gehören z. B. klimafreundliches Fastenbrechen, müllfreie Picknicks, Pflanzaktionen. Diese Begegnungen zwischen deutschen Akteur*innen und den migrantischen Communities schaffen Vertrauen und bilden inspirierende Zukunfts-Brücken. Um diesen kultursensiblen Ansatz zu verbreiten, bietet Yeşil Çember interkulturelle Beratungen an.
In welchen Arbeitsfeldern des CCC kann sich die TU Berlin mit ihrer Expertise in Forschung, Lehre und Transfer einbringen?
Von den vier „Solution Areas“ des CCC – Society, Nature, Technology, Urban and Rural – sind natürlich die beiden letztgenannten von besonderer Bedeutung für uns. Angefangen bei der Batterieforschung bis hin zur Stadtplanung – unsere Fachgebiete decken ein großes Spektrum ab. Wir haben sehr gute Ökonom*innen, die sich mit dem facettenreichen Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, Biotechnolog*innen, die Pilze als Baumaterialien entwickeln, oder Expert*innen, die in Richtung Environmental Humanities denken.
Ebenso können wir die Erfahrungen, die wir etwa mit dem neuen Studiengang „Design & Computation“ sammeln, auf klimabezogene Themen ausweiten. Hier wurde universitätsübergreifend ein interdisziplinärer, forschungsorientierter Masterstudiengang zwischen der Universität der Künste Berlin und der Technischen Universität Berlin etabliert. Im Studienverlauf wird das Verhältnis von Individuum, Technik und Gesellschaft ganz grundsätzlich in den Blick genommen – welches ja auch zur Bewältigung des Klimawandels neu austariert werden muss.
Nennen kann ich als Beitrag der TU Berlin zusätzlich unsere gezielte Start-up-Förderung, die zum schnellen Umsetzen der Ideen, die im CCC entstehen, beitragen wird.
Durch welche Erfolgsbeispiele aus Ihrer langjährigen Arbeit wird deutlich, was jede*r Einzelne im Alltag dazu beisteuern kann, um Ressourcen zu schonen und ökologisch nachhaltig zu leben?
Wir schulen seit Jahren Umweltbotschafter*innen, die ihr Wissen und Erfahrung an die Freunde und Bekannte weitergeben. Wir bekommen sehr viel positives Feedback, z. B. sagen viele: „Warum hat uns das bisher keiner gesagt, dass unser Konsumverhalten solche schlimmen Folgen hat“. Viele Menschen sind im Herzen bereit, etwas Gutes für die Zukunft ihrer Kinder zu tun. Nur manche wissen nicht genau, was konkret sie dafür tun können. Nach unserer kultursensiblen und niederschwelligen Umweltschulung wechseln sie den Stromanbieter und die Bank, kaufen unverpackt und regional ein, essen weniger Fleisch, schauen nach den Siegeln und hinterfragen die Produktketten. Der neu erworbene Lebensstil wird dann beim Tee stolz weitererzählt und der ökologische Wandel geht weiter…
Das Interview wurde im August 2021 geführt.