Einfach, robust und überall einsetzbar
Wie kann man eine weltweit zugängliche Plattform für die Integration von Batteriespeichern in Solaranlagen errichten? Gleich drei Frauen arbeiten an dieser technischen Fragestellung.

Foto: B. Holthaus
Prof. Dr.-Ing. Julia Kowal, Professorin für Elektrische Energiespeichertechnik an der Technischen Universität Berlin, beschäftigt sich mit der Auswahl und Charakterisierung der Batterien. Prof. Dr.-Ing. Sibylle Dieckerhoff, TU-Professorin für Leistungselektronik, beschäftigt sich mit der Elektronik für die Regelung und eine mögliche Netzeinspeisung, und Prof. Dr. Melanie Jaeger-Erben, Professorin für Technik- und Umweltsoziologie an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, sorgt für den Aufbau der Transferplattform. Das Projekt wird seit 2022 vom Climate Change Center Berlin Brandenburg gefördert.
Frau Prof. Kowal, Frau Prof. Dieckerhoff, Frau Prof. Jaeger-Erben – wie kam es zu diesem Projekt?
Prof. Dr. Sibylle Dieckerhoff: Wir brauchen neue Speichersysteme, um den wachsenden Bedarf an Strom durch Erneuerbare Energien zu decken. Wichtig ist uns der Gedanke, kombinierte Batterie-Photovoltaiksysteme zu entwickeln, die robuster und kostengünstiger sind als momentan erhältliche Systeme und sich dadurch auszeichnen, dass wir die Technologie breit zugänglich machen wollen. Der Open-Source Gedanke ist zentral für das Projekt. Dazu gehört, dass wir gut verfügbare Komponenten auswählen und auch die Software, die wir z.B. für die Regelung der Leistungselektronik entwerfen möchten, offenlegen.
Und was uns als Personen angeht, nun, in der Zusammenarbeit in bisherigen Projekten haben wir gemerkt, dass wir uns mit unseren Kompetenzen sehr gut ergänzen und auch persönlich sehr gut zusammenarbeiten.
Wer wird denn welchen Part übernehmen?
Prof. Dr. Julia Kowal: Mein Aufgabengebiet ist die Elektrische Energiespeichertechnik. Tatsächlich ist es so, dass es viele sehr unterschiedliche, bereits gebrauchte und in der ersten Anwendung aussortierte Batterien gibt – aus Handys, Laptops, Haushaltsgeräten, aber auch Autos – die bei unserem Projekt zum Einsatz kommen können. Insbesondere die Option, auf bisher bereits vorhandene, schon benutzte Elektrofahrzeugbatterien zurückzugreifen ist vielversprechend. Wenn es in Zukunft mehr Elektro-Autos geben wird, gibt es auch perspektivisch mehr gebrauchte Batterien. Wir untersuchen sie und ihre technischen Parameter, also z.B. die noch vorhandene Kapazität (Ah), den Innenwiderstand (Ohm), die Spannungslage (Volt), die Leistung (Watt), und stellen sie so zusammen, so dass alle gemeinsam zum Einsatz kommen können.
Prof. Dr. Sibylle Dieckerhoff: Ich habe bereits eine Reihe von studentischen-Projekten angeregt, die sich mit der Regelungstechnik und der Datenerfassung zu diesem Projekt beschäftigen. Eine Masterarbeit widmet sich bspw. dem sogenannten Maximum Power Point Tracking. Dabei wird die elektrische Belastung einer Solarzelle so angepasst, dass den Zellen die größte mögliche Leitung entnommen werden kann. Bei Solarzellen ist dieser optimale Betriebspunkt nicht konstant, sondern hängt unter anderem von der Bestrahlungsstärke, der Temperatur am Solarmodul und dem Typ der Solarzellen ab.
Ein wichtiger Punkt ist für uns, dass wir auch Impulse für die Lehre geben, so dass künftige Ingenieur*innen selbstverständlicher Aspekte wie Nachhaltigkeit, Recycling, Erneuerbare Energie allgemein und Photovoltaik im Besonderen in ihrem Arbeitsalltag mitdenken und realisieren.
Prof. Dr. Melanie Jaeger-Erben: Ich möchte nochmal aufgreifen, was eingangs gesagt wurde: Es geht darum, eine weltweit zugängliche Open-Source-Plattform im Internet aufzubauen, die einfach zugänglich und robust ist und auch in weniger entwickelten Gebieten der Welt als Micro-Grid einsetzbar ist. Dazu wollen wir auch eine leicht verständliche „Gebrauchsanweisung“ mitliefern. Zum jetzigen Zeitpunkt wird leider keines der auf dem Markt verfügbaren Geräte diesem Anspruch gerecht. Entweder gibt es „luxuriöse“ Speicher, die zu teuer und überdimensioniert für den Einsatz in Mittel- und Niedriglohnländern sind, oder billige und nicht integrierte Batterien, die oft nur eine kurze Lebenszeit erreichen und Probleme bei der Installation und Inbetriebnahme haben. Gleichzeitig fehlen Informationen über die verwendeten Komponenten wie z.B. Batteriezellen, Batterie Management Systeme und Wechselrichter.
Wie weit sind Sie schon?
Prof. Dr. Julia Kowal: Wir haben uns zunächst mit dem Markt üblichen Batteriespeichern beschäftigt. Gerade bauen wir eine Modellanlage mit Photovoltaik-Elementen auf. Die Idee ist, einen modularen Speicher zu entwickeln. Dazu gehört ein Batterie-Modul mit 2 bis 5 kWh, das eine Temperatur- und Spannungsüberwachung enthält. Es kann sich um ein neues oder bereits gebrauchtes Modul, z.B. aus einem Elektrofahrzeug handeln. Wir untersuchen, wie die Module, auch wenn sie unterschiedlich sind, angesteuert werden können, um gemeinsam die Solarenergie effizient zwischenspeichern zu können. Unsere Zielgröße ist dabei ein Gesamt-Energieinhalt von bis zu 10 kWh.
Wie lange sollen die Speicher nutzbar sein?
Prof. Dr. Julia Kowal: Die geforderte Lebensdauer bei täglichem Betrieb liegt bei zehn Jahren. Beim Einsatz in wärmeren Regionen muss die thermische Alterung beachtet werden, da Lithium-Ionen-Batterien schneller bei höheren Temperaturen degradieren. Um diese Alterung ausreichend gering zu halten, muss für diese Regionen eine Temperaturregelung integriert werden.
Was muss man beim Material der Batterien beachten?
Prof. Dr. Julia Kowal: Wir werden im Rahmen dieses Projekts nur Lithium-Eisenphosphat-Batterien betrachten, da diese ein deutlich geringeres Selbstentzündungsrisiko im Vergleich zu Nickel-Mangan-Kobalt-Verbindungen vorweist und deutlich günstiger und weniger umweltschädlich sind. Bei Kobalt muss man z.B. auch beachten, dass im größten Kobalt-Abbaugebiet, der Demokratischen Republik Kongo, die politische Lage seit Jahren instabil ist. Zum Vergleich sollen gebrauchte Batterien („Second Life“) und perspektivisch auch neue Batterietechnologien wie Salzwasserbatterien betrachtet werden.
Wie sieht das angestrebte Endprodukt aus?
Prof. Dr. Sibylle Dieckerhoff: Das Open-Battery-Projekt soll auf einer Webseite ausführlich dargestellt und erklärt werden, damit möglichst viele Menschen dazu Zugang erhalten. Die Plattform soll ebenso zur Vernetzung zwischen Produzenten und Nutzern dienen. Alle zum Nachbau benötigten technischen Dateien wie CAD-Zeichnungen, PCB-Layout, Stücklisten sowie Software sollen dort zur Verfügung gestellt werden. Dazu müssen wir aber erst eine technische Lösung erarbeiten, wozu dieses Projekt die Grundlage legt. Wir brauchen aber noch weitere Förderung, um die ganze Idee umzusetzen.
Vielen Dank für das Gespräch
Interview: Birgit Holthaus