49-Euro-Ticket birgt Potential für ländliche Kommunen
CCC-Koordinator Prof. Creutzig: Neugestaltete Straßenverkehrsordnung könnte im Zusammenspiel mit dem Deutschlandticket insbesondere Mittelstädte begünstigen
Das gerade neu eingeführte 49-Euro-Ticket ist ein sehr gutes Angebot für den Nahverkehr und damit auch stadtplanerisch sehr interessant. „Das Deutschlandticket macht Städte und Gemeinde im ländlichen Raum attraktiver, gerade auch in Zeiten des Homeoffice“, sagt der wissenschaftliche Koordinator des Climate Change Centers Berlin Brandenburg, Prof. Dr. Felix Creutzig. „Nun müssen die Kommunen Berufspendler*innen die Möglichkeiten geben, auch ohne Auto schnell mit ÖPNV oder Fahrrad zum Bahnhof zu kommen, um dann weiter zügig zum Präsenztag ins Büro zu gelangen.“ Die Tür-zu-Tür-Fahrtdauer könne mithilfe einer passgenauen Taktung der Anschlussbusse und -züge so kurz wie möglich gehalten werden. „Entsprechende Apps zeigen den Nutzer*innen neben den Fahrzeiten auch Mobilitätspunkte, wo bspw. Leihfahrräder und -E-Bikes stehen oder eigene Fahrräder abgestellt werden können.“ Solche multimodalen Verkehrsangebote jenseits des Autos gebe es in vielen Kommunen bereits, müssten aber für jede, auch abgelegene, Region, leicht und digital zugänglich durchdacht und koordiniert werden.

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„Auch die versprochene Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) wird einen wesentlichen Beitrag für sichere und klimafreundliche Zugangsmobilität in Mittelstädten sorgen“, so der CCC-Koordinator weiter. Mit der Reform sollten Kommunen den Straßenraum einfacher für multimodale Konzepte nutzen können. Gleichzeitig kann mit baulichen Maßnahmen und Abbiegeassistenz die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer*innen erhöht werden. Zudem kann die flexible Gestaltung von begrünten und Schatten spendenden Bahnhofsvorplätzen durch mehr kommunale Eigenverantwortung vereinfacht werden. Die Reform des Straßenverkehrsrechts ist nach dem Ergebnis des Koalitionsausschusses vom März an die Novelle des Klimaschutzgesetzes gekoppelt und soll Kommunen flexiblere und bürokratieärmere Straßenraumgestaltung ermöglichen.
Das Climate Change Center Berlin Brandenburg untersucht die Mobilität in den beiden Bundesländern in mehreren inter- und transdisziplinären Forschungsprojekten. Studien von Prof. Dr. Sophia Becker und Prof. Dr. Felix Creutzig (beide TU Berlin) zeigen, dass sichere und baulich abgetrennte Fahrradwege sowohl auf große soziale Akzeptanz stoßen, als auch die Betroffenheit durch Luftverschmutzung reduzieren und durch höhere physische Aktivität Herzkreislaufkrankheiten vorbeugen und insgesamt zur Minderung von CO2-Emissionen beitragen. Prof. Becker untersuchte mit ihrem Team die Auswirkungen von zeitweilig eingerichteten Pop-up-Fahrradspuren auf die Luftqualität, das Verhalten und die Akzeptanz in der Stadt Berlin. Die Ergebnisse zeigen, dass Pop-up-Fahrradspuren auf hohe Akzeptanz stoßen, die Fahrradnutzung auf der jeweiligen Straße erhöhen und die Belastung der Radfahrer durch Stickstoffdioxid verringern. Creutzigs Forscherteam stellte in einer vergleichenden Studie fest, dass Städte auf der ganzen Welt im Rahmen pandemiebezogener Maßnahmen mehr Platz für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen geschaffen hatten.
Weitere Informationen: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2210670722004814 & https://iopscience.iop.org/article/10.1088/2634-4505/ac949b/meta